Kopftuchträgerinnen nicht neutral, rassistische Arbeitgeber schon · Gute Fundis (Christen), schlechte Fundis (Muslime) · mal wieder keine Moschee in NRW · Duden kapituliert vor Politischem Islam
Kaum eine Gruppe dürfte in Deutschland so vielen Feindseligkeiten ausgesetzt sein wie kopftuchtragende Frauen: Auf der Straße werden sie angepöbelt, in Medien wahlweise als unmündig oder radikal dargestellt, bei der Wohnungssuche ignoriert, in Ausbildung und Beruf ausgrenzt. Dafür dass diese Ausgrenzung in Zukunft noch zunimmt, hat diese Woche der Europäische Gerichtshof gesorgt.
Europäischer Gerichtshof legitimiert Ausgrenzung von Musliminnen
Dieser entschied am Donnerstag über den Fall zweier Musliminnen aus Deutschland, die gegen Kopftuchverbote ihrer Arbeitgeber geklagt hatten (1x Kita, 1x Drogerie Müller). Die Richter urteilten nun: Arbeitgeber dürfen das Tragen von religiösen Symbolen untersagen, um Neutralität zu vermitteln oder soziale Konflikte zu vermeiden.
Was genau unter Neutralität zu verstehen ist, wer über die Auslöser von Konflikten im Zweifel entscheidet, ließen die Richterinnen offen – und öffneten damit Missbrauch Tür und Tor.
Erstaunlich war auch wieder, zu welchen Verrenkungen Richter (und in anderen Fällen Gesetzeberinnen) in der Lage sind, um ein allgemeines Verbot von religiösen Symbolen so zu formulieren, dass es in der Praxis dann doch nur für Musliminnen gilt. Erlaubt sind Verbote explizit nur bei „großflächigen Zeichen politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen am Arbeitsplatz“. Einfacher formuliert: Kreuze ja, Kopftuch nein.
Warum sich hinter dem Begriff „Neutralität“ ohnehin meist nur die Verteidigung von Privilegien der Mehrheitsgesellschaft versteckt, hatte ich hier und hier schon einmal aufgeschrieben.
Keine Moschee in Bergneustadt
Wo wir gerade bei religiösen Grundrechten sind, die in der Praxis dann doch nicht viel wert sind: Regelmäßige Leserinnen dieses Wochenrückblicks wissen, wie unendlich schwer es ist, in Deutschland eine Moschee zu bauen. Dies erleben derzeit auch Muslime im nordrhein-westfälischen Bergneustadt.
Seit Jahren bemüht sich die dortige islamische Gemeinde um den Bau eines Gemeindehauses. Seit Jahren stößt sie seitens Politik und Behörden auf Vertröstungen, Absagen und anti-muslimische Stimmungsmache.
Der Versuch, eine alte Fabrikhalle in einem Gewerbegebiet zur Moschee umzubauen, scheiterte nun vorerst am Widerstand angrenzender Unternehmen. In einem Brief machte der Vorsitzende der Islamischen Gemeinde, Fetin Karaca, diese Woche seinem Frust Luft, schrieb von „Hetze gegen Musliminnen/Muslime“ und “gezielter Antipropaganda nicht zuletzt von extremistischen Kräften in der Kommunalpolitik“. Gebracht hat es ihm nichts. Nach den Sommerferien will die Gemeinde den juristischen Weg bestreiten. In der Kölnischen Rundschau gibt es die ganze Geschichte.
Gute Fundamentalisten, schlechte Fundamentalisten
Während die einen Gläubigen trotz unzweifelhafter Gesetzestreue vor Gericht ziehen müssen, um ihre religiösen Grundrechte einzufordern, schaffen es die anderen trotz höchst problematischen Typen in ihren Reihen problemlos in Rundfunkräte – oder sogar bis zur Kanzlerkandidatur.
Darum geht’s: Ende Juni entschied der nordrhein-westfälische Landtag den „Verband kinderreicher Familien Deutschland (KRFD)“ in den WDR-Rundfunkrat aufzunehmen. Ohne Debatte, dafür mit Zweidrittelmehrheit. Für Der Spiegel hat nun Lukas Eberle recherchiert, was es mit dem Verband auf sich hat. Gefunden hat er allerlei Nationalismus, Homophobie, AfD-Nähe sowie Verbindungen zur reaktionären christlichen Splittergruppe Opus Dei. (Ohne Paywall auch in der taz)
Über die fragwürdigen Verbindungen der christlichen Fundis zu Kanzlerkandidat Armin Laschet hat ZDF Magazin Royale Anfang des Jahres schon einmal einen unterhaltsamen Beitrag gemacht (ab 12:17min).
Was passiert, wenn Muslime versuchen einen Platz in einem der Rundfunkräte zu bekommen, erfahrt ihr in den Abendlandchroniken der vergangenen Woche.
Antimuslimischer Rassismus im Duden
Zum Abschluss noch eine positive Geschichte: Regelmäßige Leserinnen der WELT oder anderer rechter Verschwörungsblogs wissen, dass es sich bei antimuslimischen Rassismus entweder um einen Opfermythos von Islamisten oder um eine Erfindung von Linken handelt, um ehrbare “Islamkritiker” mundtot zu machen.
Dieser Deutung hat sich der Duden glücklicherweise nicht angeschlossen und nun allerlei Begriffe, die die sehr reale Diskriminierung von Muslimen und Musliminnen beschreiben, in sein Online-Lexikon aufgenommen. Zu den neuen Begriffen gehören u.a. „antimuslimisch“, „Muslimfeindlichkeit“ und „Islamfeindlichkeit“.
Zu verdanken haben wir die Islamisierung des deutschen Wortschatzes nach eigener Aussage dem Zentralrat der Muslime. Andererseits: Gilt dieser laut Islamhassern nicht auch als islamistisch? Es ist also nur eine Frage, bis die WELT davon Wind bekommt und mit der Schlagzeile aufmacht: “Duden-Redaktion kapituliert vor dem Politischen Islam!”
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