“Das beste Interview ever”. So oder so ähnlich lautete der Facebook-Kommentar, der mich auf dieses Interview aufmerksam machte. Nach dem ersten Drüberfliegen machte sich allerdings schnell Ernüchterung breit: Antisemitismus unter Muslimen, Rassismus unter Ostdeutschen, Sexismus, soziale Ungleichheit, Integration, Flüchtlinge … Das sind nun nicht unbedingt Themen, für die es in letzter Zeit an – mal mehr, meist weniger – klugen Analysen gemangelt hätte. Und jetzt auch noch alles in einem Interview!? Kann das gut gehen?
Ja, kann es. Dass die gefühlt 30.000 Zeichen, die Naika Foroutan der Süddeutschen ins Diktiergerät gesprochen hat, tatsächlich lesenswert sind, liegt vor allem daran, dass es die Berliner Intergrationsprofessorin schafft, die verschiedenen gesellschaftlichen Probleme in Bezug zu setzen, ohne das eine gegen das andere auszuspielen, zu relativieren oder zu rechtfertigen. Stattdessen sucht sie über Geschlechter-, Religions- und Milieugrenzen hinaus nach Motiven, die Ängste, Ressentiments und Feindseligkeiten befeuern. Da das zwar alles ziemlich klug aber auch unglaublich ernüchternd klingt, ist man als Leser umso dankbarer, dass es Foroutan nicht beim bloßen Erstellen einer Mängelliste belässt, sondern zugleich den Weg aus der gesamtgesellschaftlichen Desintegrationsmisere zeigt.
Zum besten Interview ever fehlt zwar doch noch etwas (zum Beispiel ein sendungsbewusster Waffenfanatiker) aber für den Titel des besten post-migrantischen Integrationsinterviews (das ich kenne) reicht es auf jeden Fall.
[Unter „Hadith-Sammlung“ (Hadith, arab. für Bericht, Erzählung oder Mitteilung) findet ihr in unregelmäßigen Abständen Hinweise auf lesenswerte Beiträge anderer Autoren.]
1 Kommentare On “Integration für alle!“ Das beste post-migrantische Interview ever
Ich habe dieses Interview jetzt noch einmal gelesen. Es wirkt für mich sehr verstörend – fast wie Tastaturfuror. Was hat wer dieser Dame bloß angetan? Jemand, der die Ansicht vertritt, alles jenseits der politischen Einstellung der Kanzlerin könne nur rechtsradikal sein, verliert in meinen Augen jegliche Glaubwürdigkeit in seinen Analysen. Erschwerend, falls dies noch dazu unter dem Label von “Sozialwissenschaft” verkauft wird. Die Reduktion gesellschaftlicher Friktionen auf pseudomarxistische Arbeiterklassen, sozialen Aufstieg und dubiöse “Gefühle”, macht da nichts besser. Empirische Evidenz, dass die deutsche Gesellschaft lange Zeit (zumindest im Vergleich zu anderen – und besonders zu religionsgetriebenen – Varianten) ganz hervorragend funktionierte, will sie nicht mal diskutiert haben.
Sollte dieses Quotenattentat auf die freiheitliche demokratische Grundordnung jemals Erfolg haben, hat das Resultat keinerlei Legitimität und Verbindlichkeit mehr für mich. Also ein wirklich schlechtes Interview, außer man will sich informieren, wie weit die Verblendung selbst in akademischen Kreise schon vortgeschritten ist.