Nach zwölf Jahren Islamkonferenz steht es um die die Gleichstellung von Muslimen und Musliminnen in Deutschland so schlecht wie eh und je. Vielleicht ist das auch der Sinn der Veranstaltung.
Es gibt zwei Arten von schlechten Filmreihen: Jene, die großartig starten, nur um ihr eigenes Renommee mit jeder Fortsetzung noch tiefer in die Tonne zu treten (Matrix, Terminator, Rocky). Und es gibt jene, deren erster Teil schon so unterirdisch war, dass man sich fragt, wie überhaupt jemand auf die Idee kommen konnte, auch noch Nachfolger zu produzieren (Transformers, Resident Evil, Fluch der Karibik). Womit wir bei der Deutschen Islamkonferenz (DIK) wären.
Wenn in den kommenden Wochen die fünfte Episode der DIK erscheint, ist klar, dass man sich Tickets und Popcorn auch diesmal sparen kann. Das liegt nicht so sehr an Regie-Neuling und Bundesinnenministerin Nancy Faeser, sondern daran, dass das Franchise unter dem wohl absurdesten Konzept der Filmgeschichte leidet: Es gibt keines. Seit 16 Jahren existiert die Reihe, ohne dass sich Darstellerinnen, Regisseure und Produzenten, darüber einig sind, was überhaupt der Plot ist.
Seit 2006 nun schon warten Muslime und große Teile der Zuschauerschaft vergeblich auf eine empowernde Story über Gleichberechtigung und Teilhabe. Genauso lang scheitern Produzentinnen und Regisseure daran, aus dem zugebenermaßen recht drögen Stoff deutscher Islam- und Integrationspolitik, überhaupt irgendeine progressive Storyline zu entwickeln.
Wo es an Inhalt und Dramaturgie fehlt, setzen Regisseure auf Effekte: Von Wolfgang Schäubles Erstauflage etwa bleiben vor allem die so spektakulären wie absurden Casting-Entscheidungen in Erinnerung. Seine mit „Islamkritikern“ und „Ex-Muslimen“ angereicherte Besetzung sorgte zwar für jede Menge Krawall und Unterhaltung. Antworten auf drängende politische Fragen konnte solche eine Inszenierung jedoch nicht liefern
Thomas de Maizières Interpretation von 2009 versprach von Arbeitsmarktintegration bis Wohlfahrt zwar jede Menge Handfestes, war spätestens aber nach dem Rausschmiss eines der Hauptdarsteller – dem Islamrat – zum Scheitern verurteilt. Hans Peter Friedrich versuchte sich 2011 an einer massenkompatiblen Adaption über Extremismus- und Terrorabwehr. Nachdem große Teil des Cast frustriert zurücktraten, musste er „Islamkonferenz Episode III: Sicherheitspartnerschaft“ dann aber mit sich allein abdrehen.
Mit der Definition eines „Deutschen Islam“ versprach Teil 4 unter Horst Seehofer zumindest noch im Trailer einen klaren Plot. Erfüllen konnte er die Erwartungen allerdings nicht. Alles was von Seehofers Islamkonferenz in Erinnerung bleibt, ist die Schweine-Blutwurst, die er am Set seinen muslimischen Darstellern servieren ließ.
Am zu gewagten Plot kann die neueste Inszenierung unter Nancy Faeser nicht scheitern. „Grundlegendes Ziel der Deutschen Islam Konferenz ist der dauerhafte und regelmäßige gesamtstaatliche Dialog mit Muslimen bzw. ihren Vertretungen in Deutschland“, heißt es auf der Website zum Film. Die Islamkonferenz als selbstreferentielles Kammerspiel. So kann man zumindest keine Erwartungen enttäuschen.
Vielleicht tut man der DIK aber auch Unrecht, misst man sie an ihrer gesellschaftlichen und politischen Relevanz. Im Kino geht es schließlich um etwas anderes: Illusionen, Zerstreuung, Ablenkung von der Realität. Nimmt man die Metapher von der Islamkonferenz als Film-Franchise also ernst, hat sie ihr Ziel längst erreicht. Während die DIK die Illusion eines deutschen Staates schuf, der sich ernsthaft um Teilhabe und Gleichberechtigung seiner muslimischen Bevölkerung bemühe, wurden anderswo Fakten geschaffen.
Zwölf Jahre nach Beginn der Islamkonferenz gehören Anfeindungen und Übergriffe für viele Muslime zum Alltag, sind die Chancen kopftuchtragender Frauen eine Anstellung im Öffentlichen Dienst zu finden so gering wie nie, sind islamische Religionsgemeinschaften weiter von der staatlichen Anerkennung entfernt als zuvor.
Trotz oder wegen zwölf Jahren DIK bedienen Politikerinnen von links bis rechts heute ganz selbstverständlich die Verschwörungserzählung, wonach muslimische Funktionäre, mit denen sie vor Jahren noch selbst am Tisch saßen, heimlich die Demokratie unterwandern. Zwölf Jahre DIK haben die Möglichkeit geschaffen, die wichtigsten Fragen zur Teilhabe von Muslimen und Musliminnen in Deutschland bis in alle Ewigkeit zu diskutieren, anstatt sie endlich so zu beantworten, wie das einzig relevante Drehbuch zu Gleichberechtigung in Deutschland es vorgibt: das Grundgesetz.
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